HZ Nr. 1536/ 15.08.1997

Sie hatten sich viel zu erzählen

Rund 400 Teilnehmer am zweiten Heimattreffen der Neppendorfer daheim

Zwei Tage würde am letzten Wochenende in Neppendorf gefeiert denn so lange hat das zweite Heimattreffen der sächsischen und landlerischen Bevölkerung dieses einstigen Dorfes – heute ein Stadtteil von Hermannstadt – gedauert. Erwartungsgemäß hatten sie sich viel zu erzählen, die Neppendorfer von nah und fern. Ihr Treffen stand unter dem Motto "Glaube und Heimat", weil der evangelische Glaube und das Bekenntnis zur siebenbürgischen Heimat das Leben der Deutschen in diesem Raum seit jeher bestimmt haben. Im Festgottesdienst am Samstag spann Pfarrer Dietrich Galter den Gedanken weiter. Er predigte zu Epheser 2, 19-22, wo es heißt, die Christen seien Bausteine im Hause Gottes. Es komme, so der Pfarrer, nicht darauf an, in welche Kirche man gehe, so lange man an der Kirche Jesu Christi mitbaue, die allein Zukunft hat. Unsere Kirche, die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien, habe keine Zukunft, höre man immer öfter, fuhr Pfarrer Galter fort, und fügte hinzu, er müsse dieser Aussage recht geben. So sehr man sich auch darum bemühe, angesichts der drastisch geschrumpften Seelenzahlen neue Formen zu finden, die Kirche könne nicht mehr so sein, wie man es von altersher gewohnt ist. Umso sinnvoller sei darum die Rückbesinnung auf die wahre Bedeutung von Kirche als "Wohnung Gottes im Geist".

Warum sind die Neppendorfer an diesen zwei Tagen in Scharen in ihre Kirche geströmt? Am Samstag ebenso wie am Sonntag, als ihr früherer Pfarrer, der Pensionist Heinz Galter (und Vater des heutigen Pfarrers) predigte und davon sprach, wie schwer es dem Einzelnen falle, die Wahrheit über sich zu akzeptieren. Offensichtlich sind die Neppendorfer darum so zahlreich in die Kirche gegangen, weil sie sich darin heimisch fühlen und Sehnsucht nach dem vertrauten Haus hatten, aber auch um nach dem Gottesdienst im Kirchhof alte Bekannte zu begrüßen, die von weither angereist gekommen waren.

Am Samstag wurde auch der insgesamt 296 evangelischen Neppendorfer gedacht die Opfer der beiden Weltkriege und der Rußlanddeportation sind. Nach der Totenfeier eröffnete Pfarrer Dietrich Galter im Kirchenchor die Ausstellung "Neppendorf – Heimat und Kirche" des Hermannstädter Künstlers Eugen Dornescu. Sie enthielt Aquarelle und Ölgemälde, die Wahrzeichen Neppendorfs darstellten: die Kirche, die Schule, das Pfarrhaus. Ein Stück Heimat zum Mitnehmen. Das gab es auch auf dem Basar des Handarbeitskreises; wo die Frauen nicht nur Selbstgestricktes und -genähtes anboten, sondern auch Broschüren, Postkarten und Farbfotos.

Eigens aus dem Töpferdorf Korund zum Treffen angereist war der Töpfer Molnos József mit seinen beliebten Krügen und Tellern, die guten Absatz fanden.

Was die Reihe der Ehrengäste betrifft, so kann man sagen, daß der Samstag den Deutschen und der Sonntag den Österreichern gehörte. Samstag beehrten der deutsche Konsul Arnulf Braun und der interimistische Minderheitenreferent der Deutschen Botschaft in Bukarest, Heinrich Haupt, die Veranstaltung, und Sonntag war der österreichische Botschafter Paul Ullmann mit Gattin präsent. Auch der DFDR-Landesvorsitzende Dr. Paul Philippi und der Hermannstädter Vizebürgermeister Ioan Sturz hatten es sich nicht nehmen lassen, den Neppendorfern die Ehre zu geben.

Die Last der Verantwortung für das leibliche Wohl der Teilnehmer hatte der deutsche Unternehmer und Wahlneppendorfer Michael Kothen in Zusammenarbeit mit der Küche des "Dr. Carl Wolff"-Altenheims übernommen. Die Beköstigung lief wie am Schnürchen, nicht zuletzt dank der 25 deutschen und rumänischen Jugendlichen, die freiwillig den Kellner spielten, was richtige Knochenarbeit gewesen ist, denn ihr Einsatz dauerte drei Tage, Aufräumen und Abwasch inbegriffen. Aber sie haben die Gemeindeglieder erheblich entlastet. So konnten sowohl die Gemeindeschwester Elisabeth Liebhart und die Pfarramtssekretärin Renate Köber – die beiden wichtigsten Frauen im Ort, so Pfarrer Galter senior –, als auch Kurator Samuel Gromer und Kirchenvater Matthias Beer und natürlich die Pfarrersleute, die im Vorfeld des Festes eine Menge zu tun gehabt hatten, unbeschwert mitfeiern.

Nicht zuletzt seien die unermüdlichen "H-Musikanten" und ihr Dirigent Nicu Plesa genannt – alles Militärmusiker, die repertoiremäßig in der Tradition der (nicht mehr existierenden) Neppendorfer Blaskapelle stehen. Sie haben an beiden Tagen von Mittag bis Mitternacht für gute Tanzmusik gesorgt. Und es wurde gehörig getanzt. Alle haben das Tanzbein geschwungen, die Alten ebenso wie die Jungen.

Und die gute Stimmung hat auch den Unmut über das eher unfreundliche Wetter weggewischt.

Beatrice UNGAR


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Dokument: ../hz/1536_1.htm, letzte Änderung 21.08.97, Autor: Dirk Beckesch