Scholten

von Elisabeth Lipp

(erschienen in der Siebenbürgischen Zeitung, 15. Oktober 1996)

Scholten, rumänisch Cenade, ungarisch Szaszcsanad, liegt südlich von Langenthal und der Großen Kokel, sieben Kilometer von der Landstraße Blasendorf-Kleinkopisch entfernt. Nachbarorte von Scholten sind: Schorsten, Abtsdorf, Langenthal, Lunca, Donnersmarkt, Lupu, Kleinschergied, Rotkirch, Brosteni, Bogatu, Armenu und Törnen.

Geschichtlicher Überblick
1311-1342 - König Karl Robert teilt den Sachsen von Hermannstadt und der Hermannstädter Provinz mit, daß die vier Besitzungen Scholten, Abtsdorf, Schorsten und Donnersmarkt der Abtei Egidius von Egresch gehören.

1416 werden die vier Gemeinden dem Schutz Hermannstadts unterstellt und erhalten das Recht, im Aufgebot der Sieben Stühle Kriegsdienste zu leisten.

1469 wird bestätigt, daß die vier Gemeinden eine kirchliche Einheit bilden und zu dem ernannten Dekanat Scholten ("Chanad") gehören.

1485 bestimmt König den Egrescher Abt Martin, die Bewohner von Scholten und anderen dazugehörenden Gemeinden fortan zu unterdrücken. Die Zustände waren so arg, daß die Bewohner ihre Wohnstätten verließen und zu flüchten versuchten.

1491 verbietet der König allen Adligen, die Bewohner der vier Gemeinden in ihren Rechten zu beschränken und von ihnen Hofsteuer einzufordern.

1492 verbietet der Woiwode Stephan Bathori den Gespännen des Weißenburger Komitates, von Scholten und den anderen Abteibesitzungen die Steuer von 20 Denar pro Hof zu erheben, da dieses gegen die Rechte der Sieben Stühe verstoße.

1496 bezahlen die vier Gemeinden zusammen 100 Gulden Steuer an die Kasse der Sieben Stühle.

1497 verfügt Papst Alexander VI., daß nach Auflösung der Egrescher Abtei die vier Gemeinden dem Tschanader Bistum einverleibt werden. Sie werden dadurch freie Gemeinden.

1552 räumt König Ferdinand dem Domherr von Weißenburg, Franz von Mediasch, Lehensrechte über die vier Gemeinden ein.

1582 wird das Vier-Gemeinden-Kapitelsbuch angelegt, das bestätigt, daß die Gemeinden eine Einheit im wirtschaftlichen und kirchlichen Leben bilden. Die kirchliche Einheit wird nach dem Ort Scholten benannt.

1599 wird Pfarrer Johannes Braun als Pfarrer der Einheit "Chanadiensis" von Fürst Sigismund Bathori bestätigt.

1657 weist der Landtag die vier Gemeinden dem Fürsten Georg Rakoczi II. zu.

1848 werden infolge der Revolution die Herrendienste abgeschafft. Der Herrendienst wurde vom Hof, auf dem man wohnte, verlangt. In Scholten gab es 96 Höfe, auf denen gewöhnlich je zwei Familien wohnten. Wer den Herrendienst nicht leisten konnte, wurde vom Hofe verdrängt. In Scholten waren die Grafen Tekli die Herren. Es waren drei Brüder, die in drei Häusern wohnten: das älteste war auf dem Platz des ehemaligen Kindergartens, das zweite, wo heute die Staatsschule ist, und das dritte, wo derzeit das Rathaus steht.

Aus dem Gemeindebuch geht hervor, daß Scholten die drittgrößte Ackerfläche (Hattert) nach Salzburg und Stolzenburg im Siebenbürger Land besaß. Dieses Gebiet reichte von der Großen Kokel bis auf den Zekesch, daher auch die eingangs erwänten zwölf Nachbardörfer von Scholten.

Kirche und Schule
Die Kirche in Scholten wird zu Beginn des 14. Jahrhunderts gebaut. 1407 ist die Saalkirche fertig. Nach 1500, als die Ortsbevölkerung anwächst und die ursprüngliche Kirche zu klein wird, wird das 14 Meter lange Gotteshaus erweitert und zugleich ein Glockenturm an der Westfront angebaut.

1522 wird der Kirchenbau mit dem Bau des Glockenturms abgeschlossen.

1857 stürzt der Glockenturm infolge eines Erdrutsches ein. Aus Kostengründen und des ungeeigneten Baugrundes wird er nicht mehr aufgebaut.

1905 wird der alte Teil der Kirche durch einen neuen Polygonchor ersetzt.

1906 wird die wertvolle geschnitzte Kirchentür dem Museum in Hermannstadt übergeben. Erwähnenswert ist die volkstümliche Rokokobemalung der Täfelung an der Südempore, deren alter Teil bis 1863 als Westempore gedient hat. Das Kreuzigungsbild des Altars wird 1957 von der Hermannstädter Malerin Trude Schullerus geschaffen. Die Kirche war früher von einer Ringmauer umgeben, die derzeit eher eine Ruine ist. Sie steht unter Denkmalschutz, und daher können keine Renovierungsarbeiten oder eine Abtragung vorgenommen werden.

Das erste Pfarrhaus stand im Kirchengarten, das jetzige wurde nach 1800 errichtet.

Die erste Schule befand sich in der Kirchgasse, wo zur Zeit der Transformator steht. Die zweite Schule stand neben der Burgstube und dem Tanzsaal. 1905 wurde die dritte Schule gebaut: ein Stockhaus mit drei Klassenzimmern und einer Lehrerwohnung. 1936 wurde die Schule durch die Volksgruppe von der Kirche getrennt, nach dem Krieg ging sie an den Staat über.

Handwerksbetriebe bis 1944
Petrus Dörr - Maurermeister,
Johann Schneider - Wagnermeister,
Martin Eisenburger - Tischlermeister,
Simon Schneider - Schneidermeister,
Petrus Aber - Schneidermeister,
Martin Kloos - Schustermeister,
Johann Göbel - Mühle-Wollhampel und Dreschmaschine.

Bevölkerung
Laut Kirchengemeindebuch sind im Zweiten Weltkrieg 27 Männer gefallen. Im Januar 1945 wurden aus Scholten über 170 Sachsen in die Sowjetunion verschleppt. Von diesen sollen über 30 nicht mehr zurückgekehrt sein. Am 22. März 1945 zählte Scholten 2054 Bewohner, die eine landwirtschaftliche Fläche von 4877 Hektar bearbeiteten. Von diesen waren etwa 1500 Rumänen, rund 500 Deutsche, 15 Ungarn und der Rest Zigeuner.

Scholtner in Deutschland
Aufgrund einer Privatinitiative trafen sich die Scholtner erstmals 1980 in Sachsenheim. Das Treffen wurde von Johann Filker vorbereitet; es beteiligten sich ca. 80 Scholtner daran. 1987 veranstaltete Johanna Astner, geborene Schneider, das zweite Scholtner Treffen im Kolpinghaus zu Ingolstadt. Seitdem wird das Treffen regelmäßig jedes zweite Jahr von Johanna, unterstützt von ihrem Mann Michael und ihrer Schwester Maria, mit viel Mühe, Freude und Erfolg in Ingolstadt organisiert. Die Zahl der Teilnehmer wächst von Treffen zu Treffen (über 300 Personen), so daß wir Platzschwierigkeiten im Kolpinghaus kriegen. 1987 wurde auch die HOG Scholten gewählt. Vorsitzende ist Johanna Astner. Von dieser Stelle aus sei ihr namens aller Scholtner lobenswerte, ehrenamtliche Tätigkeit gedankt.

Siebenbürgenhilfe - Was hat die HOG für die Heimatgemeinde Scholten gemacht, wo derzeit noch 50 Sachsen leben? 1987 wurde mit einer Spende von 4000 Lei das Glockengehäuse repariert. Mit einer Spende von 2500 DM, die die HOG 1989 von der Kreisgruppe Würzburg erhielt, sowie mit weiteren Hilfen des Sozialwerkes der Siebenbürger Sachsen in München und des Diakonischen Werks in Stuttgart wurde für alle Scholtner zu Weihnachten Lebensmittelhilfe geleistet.

Die Spenden, die derzeit eingehen, werden für die Friedhofspflege in Scholten, Weihnachtsgeschenke für die dort lebenden Sachsen und das Altenheim benützt. Hiermit sei allen Spendern gedankt.

Heimatbuch geplant - Es war nicht einfach, den hier abgedruckten Text zu verfassen, da es kaum gesicherte Informationen und Daten zur Geschichte der Gemeinde gibt. Trotzdem bedanke ich mich bei allen, die mir etwas berichten konnten. Ein besonderer Dank gilt dabei Pfarrer Schaaser. Die Heimatortsgemeinschaft plant, ein Heimatbuch über Scholten zu verfassen. Daher rufen wir alle Scholtner auf, den HOG-Vorstand kräftig mit Material, Erlebnisberichten, Erinnerungen, Fotos usw. zu unterstützen.



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Dokument: ../orte/scholten/index.html, Autor: Monika Ferrier, letzte Änderung am 12.07.98 Dirk Beckesch