Conrad HAAS

CONRAD HAAS

Raketenpionier in Siebenbürgen

Als im August 1996 die Welt die Nachricht erfuhr, dass in einem Marsgestein Spuren bakterienähnlicher Wesen gefunden worden waren und es somit Hinweise für Leben auf dem Mars gibt, war die Euphorie groß. Sofort liefen bei den Raumfahrtbehörden die Vorbereitungen für neue Marsmissionen auf Hochtouren - allen voran die NASA. Bis 2001 sollen mehrere Raumsonden den (noch) rätselhaften Himmelskörper anfliegen und sogar bemannte Raumschiffe werden in naher Zukunft auf dem roten Planeten landen.

Selbstbildnis Conrad Haas
Conrad Haas bei einem Raketenexperiment
(Selbstbildnis, 1551)

Vor nicht so langer Zeit waren all diese Pläne noch Zukunftsmusik. Einer, der aber fest daran geglaubt hat, dass der Mensch das Weltall erobern wird, war der in Hermannstadt geborene Hermann Oberth. Nicht umsonst gilt er als "Vater der Weltraumfahrt" - in seinen Werken Die Rakete zu den Planetenräumen (1923) und Wege zur Raumschifffahrt (1929) schaffte er die Grundlagen der wissenschaftlichen Astronautik und Raketentechnik.

Doch es gibt noch einen anderen Raketenforscher, der in Siebenbürgen gewirkt hat und genauso wie Oberth seiner Zeit voraus war: Conraad Haas. Er aber ist heutzutage in Vergessenheit geraten; kaum ein Nachschlagewerk erwähnt seinen Namen oder seine Errungenschaften.Um es vorauszuschicken - Conrad Haas war kein gebürtiger Siebenbürger Sachse. Er wurde höchstwahrscheinlich in Dornbach bei Wien geboren und kam im Jahre 1551 im Gefolge der Befreiungstruppen Kaiser Ferdinands nach Hermannstadt, wo er die Leitung des Kriegsarsenals übernahm.

Leider sind die überlieferten Lebensdaten von Haas äußerst spärlich. Nur in der im Hermannstädter Staatsarchiv 1961 gefundenen Handschrift Varia II 374 wird man fündig: Das von ihm verfasste Kunstbuch enthält außer zahlreichen Forschungen und Modellen auch einige autobiographische Details.

Sicher ist, dass Conrad Haas auch nach dem Rückzug der österreichischen Truppen im Jahre 1556 in der Zibinsstadt blieb. Bis zu seinem Tod 1576 sollte er seine Wahlheimat nicht mehr verlassen - deshalb wird er als Siebenbürger Sachse betrachtet.

Haas verfasste das Kunstbuch (so die Titelseite der Hermannstädter Handschrift) zwischen 1529 und 1556. Von den 282 Doppelseiten der Abhandlung sind ungefähr 209 der Raketentechnik gewidmet, der Verwendung von Raketen in den beiden damals bekannten Einsatzbereichen: als Feuerwerksträger und Waffe.

Skizze einer Zweistufenrakete
"Zwo Racket ineinander geschoben"
- eine Zweistufenrakete, die drei Feuerkugeln in die Höhe trägt

Nachdem Haas zuerst die fertigungstechnischen Detailfragen des Raketenbaus erläutert und dabei das Wirkungsprinzip der Rakete erklärt, beschreibt er eine Vielzahl von Raketentypen. Darunter befindet sich auch die Darstellung einer Mehrstufenrakete - wohlgemerkt, wir befinden uns im 16. Jahrhundert!!! Überraschend auch eine andere Skizze, die ein "fliegendes Häuschen" darstellt, und die als eine Vorwegnahme der Idee eines modernen Raumschiffes gedeutet werden kann.

Auch stellt der "Raketenforscher" eigene militärische Entwicklungen vor. Es handelt sich hierbei um verschiedene Raketenarten, mit denen der Feind beschossen werden sollte. Erstaunlich, was Haas einfiel: Er dachte an eine Bündelung von mehreren Raketen gleicher Leistungsstärke und an die aerodynamische Stabilisierung der Raketen durch deltaförmige Flossen!

Hauptaugenmerk der Abhandlung ist die Treibstofffrage. Haas verwendete als Beigabe zu den herkömmlichen Pulverkomponenten Salpeter, Schwefel und Kohle auch "Branntenwein", mit dessen Hilfe die Schubentwicklung der Raketen gesteigert werden sollte: "Nochmals nimm ein wenig gestoßenes Pulver und gieß Branntenwein darin, soviel dass es sich lasse zu einem Teiglein machen. Nimm dann solch und streich das Kämmerlein (= Raketenkammer) samt dem Löchlein (= Zündloch) auswendig auf der Rakete voll."
Haas erprobte und verwendete auch andere "Treibstoffe" - bezeichnend ist, dass der Zweck des Flugkörpers die jeweilige Treibstoffkombination bestimmte.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Conrad Haas folgende entwicklungstechnische Lösungen und Entwicklungen zuzuschreiben sind:

Conrad Haas hat zwar Waffen entworfen, die töten sollten, doch insgeheim glaubte er an die menschlichen Grundwerte. Seine humanistische Grundhaltung geht aus der folgenden Aussage besonders deutlich hervor: "Aber mein Rath mehr Fried und kein Krieg, die Büchsen do sein gelassen unter dem Dach, so wird die Kugel nit verschossen, das Pulver nit verbrannt nass, so behielt der Fürst sein Geld, der Büchsenmeister sein Leben; das ist der Rath so Conrad Haas tut geben."


Literatur- und Bildnachweis:
Barth, Hans: Conrad Haas. Leben und Werk in Wort und Bild,
Bukarest 1983


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Dokument: ../vip/haas/index.html, erstellt am 01.06.97 von Uwe Kamilli, zuletzt geändert von Dirk Beckesch am 30.01.03