HZ Nr. 1518/ 04.04.1997


Brukenthalmuseum zurück? -Jein!

Forum und Kirche geraten durch neue Hinweise auf unrechtmäßige Enteignungen in Zugzwang: Sollen und können sie ehemaligen sächsischen Gemeinschaftsbesitz wiedererlangen

Weitgehend unbekannte Fakten aus der Enteignungsgeschichte des Hermannstädter Naturwissenschaftlichen Museums und des Brukenthalmuseums hat kürzlich der Hermannstädter Journalist Manfred Wittstock in der Bukarester "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien" (ADZ) mitgeteilt. Die beiden sächsischen Einrichtungen sind nicht - wie bisher angenommen - 1948 im Zuge der allgemeinen Verstaatlichung enteignet worden, sondern waren bereits viel früher - wie Wittstock nachweist - Gegenstand gezielter Nationalisierungsakte. Bereits am 5. August 1946 beschließt der Ministerrat der Regierung Groza unter Berufung auf ein von Marschall Antonescu (E) erlassenes Dekretgesetz (Nr. 11/1944) die Auflösung der genannten siebenbürgisch-sächsischen Kulturinstitutionen und die Übernahme ihres gesamten Vermögens ‹in den Besitz des Rumänischen Staates". Wittstock zitiert (in der ADZ vom 14. März 1997) den Ministerratsbeschluß in extenso aus dem Amtsblatt des Königreichs Rumänien Nr. 191, vom 19. August 1946.

Um die Enteignung nicht als Willkürakt der neuen (kommunistischen) Machthaber erscheinen zu lassen, berufen sich ihre Autoren (es unterzeichnen Dr. Petru Groza, Gh. Tatarescu, Prof.-Ing. Nicolau, Lotar Rädäceanu, Lucretiu Patrascanu, Et. Voitec, Anton Alexandrescu und Gh. Gheorghiu Dej) schamlos auf ein Gesetz der gestürzten faschistischen Diktatur, das den Ministerrat ermächtigt, "in Dringlichkeitsfällen ... die Auflösung und Liquidation jedwelcher juridischen Person für höhere Staatsinteressen zu beschließen". "Diese Enteignungen müssen nicht begründet werden", besagt ein ausdrücklicher Zusatz.

Wittstock erinnert daran, daß die Sammlungen der beiden Museen in kommunistischer Zeit nicht nur willkürlich im Land verteilt, sondern zum Teil auch vernichtet wurden, was "den Siebenbürger Sachsen weitgehend die Möglichkeit der weiteren direkten Beschäftigung mit ihrer Vergangenheit... nahm" und "zum Verlust des Heimatgefühls besonders beigetragen hat". Hinzuzufügen ist, daß in der Zeit von Kulturminister Andrei Plesu das Brukenthalmuseum Rückgabeforderungen an das Bukarester Kunstmuseum gestellt hat, das die wertvollste Raubkunst aus Hermannstadt aufbewahrt. Damals wurden diese Forderungen mit dem Hinweis auf die ungenügende Sicherheit der Ausstellungen im Brukenthalmuseum abgewiesen. Als ein modernes Sicherheitssystem eingebaut war, fehlte es den neuen Museumsleitern in Hermannstadt an der politischen Entschlossenheit zu unbequemen Rückgabebemühungen.

Nun weht aus Bukarest wieder ein anderer Wind, und die Hermannstädter Museumsverwalter markieren erneut den Wunsch, die Beutekunst, mit welcher die Museen der Hauptstadt auf internationalen Ausstellungen Ruhm einheimsen, in die Brukenthalsammlungen zurückzuholen.

Wie Paul Philippi, der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen, der HZ mitteilte, ist das DFDR ausdrücklich nicht nur für die Wiederherstellung der Sammlungen, sondern auch für die rechtliche Wiederherstellung des ehemaligen sächsischen Gemeinschaftsbesitzes, einschließlich des Naturwissenschaftlichen und des Brukenthalmuseums, und wird in dieser Richtung auch vom neuen Minderheitenminister Györgv Tokay ermutigt. Im konkreten Fall scheuen jedoch etliche Lokalforen wie auch leitende Vertreter der Evangelischen Kirche (die als Rechtsnachfolger des Brukenthalischen Besitzes gilt) die Last der Verantwortung, die eine Übernahme des reichen sächsischen Erbes für sie bringen würde.

Annemane WEBER



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Dokument: ../hz/1518_1.htm, letzte Änderung 28.01.98, Autor: Michael Kothen