HZ Nr. 1520/ 18.04.1997


Eigentumsrückgabe an rückkehrwillige Aussiedler?

Premierminister Ciorbea zeigt guten Willen, Präsident Constantinescu ist skeptisch

Der rumänische Ministerpräsident Victor Ciorbea hat im Gespräch mit der Eranifirter Allgemeinen Zeitung (Ausgabe von Samstag, dem 12. April 1997) das "aufrichtige Interesse" seiner Regierung an einer Konsolidierung der deutschen Minderheit in Rumänien bekräftigt und erklärt, daß sein Land zu einer "totalen Öffnung" gegenüber den rumäniendeutschen Aussiedlern bereit sei, die aus Deutschland nach Rumänien zurückkehren wollten. Ciorbea sagte - so die FAZ, deren Bericht wir leicht gekürzt nachdrucken -, seine Regierung habe den "ehrlichen Wunsch" und die "totale Bereitschaft", für die Rückkehrwilligen angemessene Lösungen zu finden, die bis zur Rückgabe ihrer früheren Immobilien, Grundstücke und anderer Besitztümer gehen könnten. Ciorbea berichtete, er habe gegenüber dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bonner Bundesinnenministenum, Horst Waffenschmidt der kürzlich Rumänien bereiste, den Willen der rumänischen Regierung hervorgehoben, "in aufrichtiger Weise und mit offenen Karten diese Probleme zu diskutieren". Bukarest sei zu sofortigen Verhandlungen über dieses Thema bereit.

Ein wichtiges Motiv für das Entgegenkommen Bukarest gegenüber den Rumäniendeutschen dürfte der dringende Wunsch Rumäniens nach Aufnahme in die NATO bereits in der ersten Erweiterungsgruppe sein, den Bonn zwar nicht ablehnt, im Gegensatz zu Frankreich und den südeuropäischen Mitgliedern der Allianz bisher aber auch nicht ausdrücklich unterstützt. Bukarest hofft sehr, bis zum NATO-Gipfel in Madrid im Juli 1997 auch Deutschland als Verbündeten zu gewinnen. Die Vertretung der deutschen Minderheit, das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR), hat sich schon auf die Seite der Regierung gestellt und tritt für den NATO-Beitritt ein.

Vor vier Wochen hatte schon der rumänische Informationsminister gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erklärt (vgl. "Absichtserklärungen, nichts weiter" in: Hermannstädter Zeitung Nr. 1516/21. März 1997), daß die neue demokratische Führung Rumäniens an der Rückkehr möglichst vieler Aussiedler interessiert sei und ihnen daher die Rückgabe ihres früheren Eigentums anbiete. Der Besitz der Rumäniendeutschen war entweder gleich nach dem Krieg beschlagnahmt oder vom Ceaucescus-Regime den Aussiedlern vor Ihrer Ausreise unter Zwang "abgekauft" worden. In Rumänien rief die Aussage Boroianus, über die das DFDR vorab nicht informiert worden war, große Überraschung hervor, wurde aber nicht besonders ernst genommen.

Der rumänische Staatspräsident Emil Constantinescu, der wie Ciorbea der christlich-demokratlschen Bauempartei angehört, bekundete gegenüber Waffenschmidt zwar ebenfalls das Interesse an einer Rückkehr der Rumäniendeutschen, stellte aber gleichzeitig kaum Möglichkeiten für eine Eigentumsrückgabe in Aussicht. Boroianus Äußerung sei eine Wunschvorstellung gewesen, für die es kein Mandat der Regierung gegeben habe. Eine Rückgabe sei nicht mit den existierenden Gesetzen zu vereinbaren, die angesichts der schwierigen Reformsituation Rumäniens auch nicht geändert werden könnten.

Im Gegensatz zu den Außerungen des Präsidenten hob Regierungschef Ciorbea im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung jedoch mehrfach die Bereitschaft seiner Regierung hervor, "adäquate Lösungen" für jene Aussiedler zu finden, die ihren Lebensabend in Rumänien verbringen wollen oder andere Motive für die Rückkehr hätten, "Dort, wo die Gebäude nicht besetzt sind, können sie, so denke ich,

gleich zurückgegeben werden.". Man sei auch bereit, in manchen anderen Fällen, in denen die Häuser nur zeitweilig von anderen Bewohnern besetzt seien, zu versuchen, "den Deutschen den Besitz zurückzuerstatten, der ihnen gehörte".

Es wäre jedoch "eine Übertreibung unsererseits zu sagen, daß absolut alle Häuser, die einmal den Deutschen gehört haben, zurückgegeben werden können". In einigen traditionsreichen Städten wie Hermannstadt oder Schäßburg müßte man dann ja praktisch das gesamte Zentrum den Deutschen wiedergeben, "Das geht nicht aber mit einem logischen, normalen Herangehen an die Sache können wir, davon bin ich völlig überzeugt, vernünftige Lösungen für alle Situationen finden".

Ciorbea sagte, die Eigentumsproblematik betreffe nicht nur die Deutschen, sondern die nationalen Minderheiten Rumäniens insgesamt. Diese Fragen würden in einem größeren Rahmen diskutiert werden, nämlich in dem künftigen Gesetz über die religiösen Glaubensgemeinschaften und in dem Gesetz über die ethnischen Minderheiten. Über die Modalitäten der Eigentumsrückgabe sei noch nicht tiefer nachgedacht worden. Das neu eingerichtete Departement für nationale Minderheiten beim Premierminister, geführt von dem (ungarisch-stämmigen) Minister György Tokay und seinem (rumäniendeutschen) Staatssekretär Klaus Fabritius, arbeite daran. Nützlich sei es, am Anfang einen generellen Rahmen zu setzen, der zur Lösung der einzelnen Fälle dienen könne. Über Regierungserlasse könne das Problem aber auch sehr schnell gelöst werden. Ciorbea verwies auf die jüngste Rückgabe per Regierungsdekret von fünf Immobilien an die jüdische Gemeinde, die innerhalb von zwei Tagen mit den Vertretern der jüdischen Organisationen vereinbart worden sei.

Der rumänische Regierungschef machte deutlich - berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung -, daß Geschwindigkeit und Umfang der Rückgabe des rumäniendeutschen Eigentums "auch von der Bereitschaft und dem Wunsch der deutschen Seite abhängt, einen Dialog zu diesem Thema zu führen". Zudem spiele es eine Rolle, ob man Lösungen nur für eine erste Gruppe oder Kategorie von Rücksiedlern finden wolle, oder ob eine generelle, gesetzliche Regelung nötig sei, bei der alle Details und Folgen sehr genau bedacht werden müßten. "Aber die Bereitschaft und der gute Wille unsererseits sind total."



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Dokument: ../hz/1520_4.htm, letzte Änderung 29.01.98, Autor: Michael Kothen