HZ Nr. 1551/28.11.1997

"Freundlich zu Mensch und Umwelt"

Wie das Vertrauen einer Kundin in die renommierten Junkers-Geräte sie in die Falle balkanischer Geschäftsmethoden gehen ließ

Ionut ist drei und Alexandra acht Jahre alt. Wenn die Geschwister morgens in ihrem neuen Kinderzimmer erwachen, sind ihre Nasen rot gefroren. Sie schlüpfen schnell in Stiefel und Jacke und freuen sich auf den warmen Kachelofen, den Ionut im Kindergarten und Alexandra in der Schule vorfinden wird. Denn zu Hause ist es eisig kalt, seit Mama die neue Zentralheizung einbauen ließ.

Am 22. September kaufte Anita Damian bei der Firma DERCO in Hermannstadt (Vasile-Milea-Boulevard, Block 11A) einen Heizkessel der Marke Junkers. Ihr Mann, der zur Zeit als Koch in Deutschland arbeitet, hatte seinen gesparten Lohn in Form von nagelneuen Heizkörpern und Kupferrohren nach Hause geschickt. Den dazu passenden Brennwertkessel wollte Frau Anita in Hermannstadt kaufen, weil er hier günstiger ist, aber es sollte ein Qualitätsprodukt sein. Sie entschloß sich zur deutschen Renommiermarke Junkers. Der Geschäftsabschluß mit Dan Suceveanu, dem rumänischen Verkaufsleiter der Hermannstädter Junkers-Vertretung, geschah auf Vertrauensbasis. Frau Damian zahlte 14,6Millionen Lei, unterschrieb ein Papier, bekam eine zugeklebte Schachtel mit der Gas-Kesseltherme ausgehändigt, dazu wurde noch eine Montageanschlußplatte mitgeliefert, die Herr Suceveanu persönlich von der Ladenwand abnahm. Die Firma versprach, die Therme kostenlos zu montieren.

Ende Oktober waren die Installateure der Firma Kirschbaum fast fertig mit der Montage der Heizkörper und der Rohre. Um die Rohre in der richtigen Reihenfolge in besagte Platte, die Konsole des Kessels, einzufädeln, wollten sie einen Blick in die Gebrauchsanweisung werfen. Doch Frau Damian hatte keine. Kein Problem, der deutsche Hersteller hatte gewiß eine in die Verpackung gegeben. Die Installateure schnitten den Karton auf und fanden die deutsche Gebrauchsanweisung am Kesselboden kleben. Nun fehlte allerdings noch ein Verbindungsstück von den Rohranschlüssen der Konsole zu den von Kirschbaum montierten Leitungsrohren. Frau Damian schickte einen Verwandten mit der Platte zu DERCO. "Warum ist die Platte nicht verpackt?" wurde der hier angeherrscht. Und: "Sie kriegen das Teil nur, wenn unsere Firma die Anlage montiert." Frau Damian ließ sich nicht einschüchtern. Sie erstritt sich die rumänische Gebrauchsanweisung von DERCO und ließ das Reduktionsteil nachschmieden. Nun, bitte schön, konnten die DERCO-Installateure kommen, um die Therme anzuschließen. Doch Frau Damian hatte sich ganz grob verrechnet. Erstens fanden die DERCO-Männer eine Reihe von Mängeln an der Kirschbaum-Installation, und zweitens stellten sie entsetzt fest, daß der Karton mit dem Kessel aufgeschlitzt worden war. Sie meldeten zur Zentrale: "Die Therme hängt schon an der Wand!" Umgehend rief Herr Suceveanu Frau Damian an und drohte: "Sie kriegen von uns keine Garantie mehr!" "Aber Sie wollten doch den Kessel montieren..." "Darüber müssen wir noch nachdenken!"

Frau Damian wartete eine Woche lang vergebens auf ein weiteres Lebenszeichen von Herrn Suceveanu. Dann, als die Eisblumen am Kinderzimmerfenster bis zum Abend nicht mehr wegschmolzen, entschloß sie sich, den Verbraucherschutz einzuschalten.

Herr Suceveanu verlor die Nerven, als Dana Pecheanu, die Direktorin des Hermannstädter Verbraucherschutzamtes, in Begleitunge ines Kollegen das Verkaufsbüro betrat. Er verweigerte jede Auskunft bezüglich des Geschäfts, sparte aber nicht an heftigen Worten. Die Direktorin verwarnte Herrn Suceveanu schriftlich, u. a. weil er mit dem Gerät kein Garantiezeugnis mitgeliefert hatte, wie es die rumänische Gesetzgebung vorschreibt. Und weil Herr Suceveanu nicht gesprächsbereit war, schickte Frau Pecheanu ein Fax auch an die deutsche Mutterfirma. "Eine Sauerei!" schimpft Herr Suceveanu über den Vorgang.

Gegenüber der Zeitungsfrau ist er kooperativ. Er zeigt ihr bereitwillig die Garantiebestimmungen von Junkers, deren Rechtmäßigkeit er sich von der einschlägigen staatlichen Kontrollbehörde ISCIR hat bestätigen lassen. Garantie gibt es auf die Junkers-Geräte nur, wenn sie von einer "konzessionierten Fachfirma" installiert werden. In einem von DERCO aufgesetzten Zusatzpapier, das Frau Damian unterschrieben hat, ohne allerdings eine Kopie davon zu bekommen ("sie hat ja keine verlangt", kontert Herr Suceveanu), in diesem Wisch steht, daß "jeder unbefugte Eingriff in das Gerät" die Garantieverpflichtung der Firma hinfällig werden läßt. Daß das Aufschlitzen der Verpackung ein "Eingriff in das Gerät" sein soll, will jedoch weder Frau Damian noch der Direktorin des Verbraucherschutzes einleuchten. "Das ist schlicht illegal", so Dana Pecheanu, "und nicht im Sinne des Verbrauchers". "Im Gegenteil", so Herr Suceveanu, "wir schützen gerade den Verbraucher, wenn wir nicht jeden x-beliebigen Handwerker an unseren hochtechnischen Geräten herumbutzen lassen." Er erzählt, daß seine Eltern im Frühjahr 1989 bei einer Gasexplosion ums Leben gekommen sind. "Ich werde alles daransetzen, daß meinen Kunden so etwas nicht passiert!"

Möglicherweise hindert die Angst, etwas falsch zu machen, Herrn Suceveanu daran, das Richtige zu tun. Jedenfalls läßt es den mitleidigen Mann kalt, wenn eine alleinstehende Mutter mit zwei kleinen Kindern in ihrer Wohnung erbärmlich frieren muß. "Wollte sie Krieg, Krieg soll sie haben", sagt der DERCO-Chef trotzig. Er hat schließlich alle Trümpfe in der Hand: DERCO ist die einzige von Junkers konzessionierte Fachfirma in Rumänien, und wenn Herr Suceveanu nicht installieren will, muß Familie Damian entweder frieren oder mag - folgt man der Logik des Junkers-Vertreters- in die Luft fliegen (wenn ein Unautorisierter beim Installieren Mist baut). "Freundlich zu Mensch und Umwelt" wirbt Junkers auf deutsch in seiner rumänischen Gebrauchsanweisung. Wie gut, daß Frau Damian diesen Slogan nicht lesen kann!

Annemarie WEBER


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Dokument: ../hz/1551_3.htm, letzte Änderung 23.12.97, Autor: Michael Kothen